Emerenz Meier
Auswanderermuseum „Born in Schiefweg“:
Eine Hommage an die Rebellin aus dem Bayerwald
Schiefweg. Emigrantin, Dichterin, Gastwirtin, Prostituierte und posthum Filmheldin: Ostbayerns Dichterin Emerenz Meier hat ihre ganze Region geprägt. Von Amerika hatte sie keine besonders ehrfürchtige Meinung: „Kennst du das Land, wo Grabsch und Humbug blühn, die Herzen einzig für den Dollar glühn...“, reimte die aus Schiefweg bei Waldkirchen stammende Dichterin.
Geboren wurde die streitbare Gastwirtstochter 1874, gestorben ist sie schon mit 53 Jahren. Aber in ihren Werken und in ihrer Heimat lebt sie weiter: Ein Bühnenstück von Joseph Berlinger, ein Film des Strittmatter-Verfilmers Jo Baier (Der Laden), das einst elterliche Wirts- und heutige Gedenkhaus und viele Straßennamen haben der unglücklichen Emigrantin dauernde Denkmale gesetzt. Eine kleine aber sehr feine Attraktion in der bayerischen Museumslandschaft: Die Ausstellung ist eine Hommage an die „Rebellin aus dem Bayernwald“ und die Emigration aus dem Bayer- und Böhmerwald nach Amerika.
So wie ihr das Leben mitspielte, so ging sie in ihren Dichtungen auch mit dem Leben um: „Und in Fabriken schwitzt die Menschenbrut, es saugt das Kapital ihr rotes Blut...“ dichtete sie auf die Ausbeuterei der Arbeiter in Chicago des gerade frisch industrialisierten Amerika, wohin sie 1906 ausgewandert war. Sie hatte erfolglos eine Gaststätte betrieben und sich schließlich als Prostituierte das Geld für die Überfahrt über den Atlantik zusammengespart.
Ihr Glück hat sie in der Neuen Welt nicht gemacht. Dabei war Emerenz ein viel versprechendes Kind gewesen: Schon mit zehn Jahren las sie Goethe, Schiller, Dante und Homer. Sie schrieb Gedichte und veröffentlichte ihre erste Erzählung in der Passauer Donau-Zeitung. Das war der Zeitpunkt, zu dem die elterliche Abneigung gegen die abartige Dichterei der Tochter schwand, denn immerhin ließ sich damit Honorar verdienen. Peter Rosegger und Hans Carossa schätzten die Dichterin mit dem unbeugsamen Willen jedoch wegen ihrer Werke. Ihre Amerikajahre in Armut ließen sie zu einer Kommunistin werden, die für die Rechte der einfachen Arbeiter eintrat.
Ihre eigenen Rechte hat sie nie zu wahren gewusst. Ihre Ehe ging schief, denn ihr Mann war Säufer. Er erlöste sie nach drei Jahren Gemeinschaft durch seinen Tod. Erst posthum kommt der resoluten Kämpferin für die Menschenrechte der Stellenwert zu, den sie eigentlich zu Lebzeiten verdient hätte. Nicht nur, dass ihr Vaterhaus am Dorfplatz in Schiefweg mit staatlicher Unterstützung zum Emerenz-Meier-Haus mit Gaststätte ausgebaut wurde, im ersten Stock entstand 2010 das Auswanderer-Museum „Born in Schiefweg“.
Die Ausstellung gilt als kleine, aber feine Attraktion in der bayerischen Museumslandschaft: Eingebettet im Geburtshaus der Heimatdichterin Emerenz Meier erzählt das Auswanderermuseum die Geschichte der Auswanderung aus dem Bayer- und Böhmerwald nach Amerika. Gleichzeitig wird Emerenz Meiers Leben porträtiert und ihr eigenständiger Platz in der bayerischen Literaturlandschaft herausgestellt.
Zudem rückt die Schau ihren Mut in den Vordergrund, sich als Frau in der damals ausschließlich von Männern dominierten Gesellschaft behauptet zu haben.
Jo Baier, bekannt geworden durch seine lebensnahen, sozialkritischen Filme „Schwabenkinder“ und den Dreiteiler „Der Laden“, hat der Emerenz 1991 seinen Film „Wildfeuer“ gewidmet. Von diesem nahm sogar die New York Times Notiz. Und der Autor und Regisseur Joseph Berlinger führte bereits zehn Jahre früher am Stadttheater Ingolstadt sein Stück „Emerenz“ auf, in dem damals Lisa Fitz die Rolle der resoluten Wirtstochter spielte.
Wer auf dem Adalbert-Stifter-Radweg den Böhmerwald und die wildromantische Saußbachklamm im Herzen des Bayerischen Waldes kennenlernen will, kommt auch an der urwüchsigen Dichterin Ostbayerns nicht vorbei. Die Tour führt durch die Landschaft, die Adalbert Stifter ebenso wie Emerenz Meier zu ihren Werken inspiriert hat. Kerzenschein und lukullische Köstlichkeiten beschließen den strapaziösen Tag der Radler im Emerenz-Meier-Haus.
Noch heute sagt man im Bayerischen Wald, wenn eine Frauenperson sich sturköpfig zeigt: Sie ist halt eine richtige Emerenz. Dabei war die Dichterin eigentlich sehr zart besaitet, aber durch das raue Leben in der äußeren Schale gehärtet wie Stahl.
Empfindlicher als sie konnte man kaum sein Schicksal in Verse zwingen: „Es schlug der Blitz in mein junges Haupt, und furchtbar prasselten die Schlossen nieder. Gebeugt, gebrochen, zerspellt, entlaubt, so sah mich der nächste Frühling wieder“. Und zynischer als sie konnte kaum jemand das Dilemma der Dichtkunst beschreiben: „Hätte Goethe Suppen schmalzen, Klöße salzen, Schiller Pfannen waschen müssen, Heine nähn, was er verrissen, Stuben scheuern, Wanzen morden. Ach die Herren, alle wären keine großen Dichter worden“. Und schließlich konnte zärtlicher als sie kaum jemand seine geliebte Heimat besingen: „Ich sah den Wald im Sonnenglanz, vom Abendrot beleuchtet, belebt von düstrer Nebel Tanz, vom Morgentau befeuchtet...“ obx